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Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer

  • Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer GmbH

Das Thema „Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer“ betrifft fast jede GmbH und UG. Sie wollen eine Gesellschaft gründen und werden Geschäftsführer? Oder Sie haben schon einen Bescheid der DRV erhalten und wollen jetzt dagegen vorgehen?

In diesem Artikel beantworten wir die brennende Frage:

Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer – was kann man da tun?

Unser letzter Artikel zur Geschäftsführer Sozialversicherungspflicht beantwortete die allgemeinen Fragen zum Statusfeststellungsverfahren für GmbH Geschäftsführer. Hier stelle ich nun Lösungen vor, um der Sozialversicherungspflicht zu entgehen und auch auf einen negativen Bescheid der Deutschen Rentenversicherung zu reagieren. Dabei berücksichtigen wir die aktuelle Rechtsprechung aus dem Jahr 2017:  Kürzlich veröffentlichten sowohl das Bundesarbeitsgericht als auch das LSG Baden-Württemberg ihre neusten Entscheidungen zum Thema.

Widerspruch gegen Bescheid der Rentenversicherung

Sie haben einen Bescheid der Rentenversicherung im Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV oder nach einer Betriebsprüfung erhalten? Dann sollten Sie rechtzeitig Widerspruch einlegen. Zum einen ist der Widerspruch kostenlos. Zum anderen stundet er im Statusfeststellungsverfahren die Sozialversicherungsbeiträge bis endgültig über die Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer entschieden ist. Das schließt auch den Klageweg ein. In der Zwischenzeit sind aber Rückstellungen zu bilden.

Klage nach Widerspruchsbescheid

Schließlich muss die Rentenversicherung nach einem Widerspruch ihren Bescheid überprüfen. Oftmals sind die Bescheide aus Satzbausteinen zusammengebastelt und enthalten Fehler. Meist berücksichtigt sie nicht alle abwägungsrelevanten Gesichtspunkte. Doch leider erkennt die DRV diese Fehler bei der Überprüfung oft selbst nicht. Dann bleibt nach dem Widerspruchsbescheid nur die Klage. Doch auch diese ist für den betroffenen Gesellschafter – im Gegensatz zur Gesellschaft alleine – kostenlos.

Selbst wenn Ihre Sozialversicherungspflicht zu Recht festgestellt wurde, können Sie im laufenden Verfahren noch Änderungen vornehmen. Diese führen eventuell zu einer anderen Beurteilung – zumindest für die Zukunft. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, welche Lösungen es dafür gibt.

Prüfung der DRV

Fremdgeschäftsführer

In der Regel sozialversicherungspflichtig sind Fremdgeschäftsführer.  Das sind Geschäftsführer, die weder direkt noch über ein Gründervehikel indirekt Gesellschafter der GmbH sind.

Gesellschafter-Geschäftsführer und Rechtsmacht

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern prüfen Gerichte und DRV vor allem die Rechtsmacht. Das ist die Frage, ob der Gesellschafter die Macht hat, über die Gesellschafterversammlungen die Geschicke der GmbH maßgeblich zu beeinflussen. Warum ist das so wichtig? Geschäftsführer leiten zunächst frei die Geschäfte der Gesellschaft. Jedoch unterliegen sie dabei stets den Weisungen der Gesellschafterversammlung. Dadurch sind sie ebenso abhängig wie ein Angestellter von den Weisungen seines Arbeitgebers. Wenn nun der Gesellschafter-Geschäftsführer so viele Stimmen in der Gesellschafterversammlung hat, dass er jede Weisung beliebig durchsetzen oder verhindern kann, ist er selbständig. Dies ist so im gesetzlichen Normalfall bei 50% oder mehr der Geschäftsanteile an der GmbH.

#1 Echte vs. unechte Sperrminorität

Allerdings kann die GmbH in ihrer Satzung von der einfachen Stimmenmehrheit (50%+) abweichen. Wenn sie z.B. eine qualifizierte Stimmenmehrheit von 60% für einen Beschluss verlangt, kann jeder Gesellschafter mit 40% oder mehr jeden Beschluss verhindern. Damit verfügt jeder auch über die erforderliche Rechtsmacht. Man spricht dann von einer Sperrminorität, weil eine Minderheit der Gesellschaft jeden Beschluss verhindern, also „sperren“, kann. Im Extremfall verlangt die Satzung für jeden Beschluss Einstimmigkeit. Dann müssen alle Gesellschafter (100%) einem Beschluss zustimmen. So hat jeder Gesellschafter eine Sperrminorität.

Wie das LSG Baden-Württemberg hervorhebt, genügt für die Selbständigkeit aber nur die „echte“ Sperrminorität. Danach solle die qualifizierte Mehrheit für alle normalen und wesentlichen Entscheidungen gelten. Dies umfasst dann auch die Weisungen an die Geschäftsführung. Nicht ausreichend ist hingegen eine „unechte“ Sperrminorität Dabei erfordern nur wenige, seltene Entscheidungen eine qualifizierte Mehrheit und alle übrigen die einfache Mehrheit. Die Unterscheidung ist sinnvoll: Denn schon nach dem Gesetz sind die wesentlichsten Entscheidungen wie Satzungsänderungen oder Kapitalerhöhungen nur mit einer Mehrheit von mindestens 75% möglich. Von dieser Mehrheit können die Gesellschafter in der Satzung nur nach oben abweichen, d.h. alles ab 75% vereinbaren.

Vorsicht Blockade: Die Gefahr der Sperrminorität

Der Vorteil der Selbständigkeit des Geschäftsführers ist aber mit einer Sperrminorität teuer erkauft! Wenn nun ein Gesellschafter jede Entscheidung verhindern kann, verschiebt sich das Machtgefüge in der GmbH gewaltig. Sobald es zum Streit zwischen den Gesellschaftern kommt, blockiert der Gesellschafter-Geschäftsführer jede Entscheidung und es droht ein völliger Stillstand. Die Gesellschafter können ohne Einigung gar keinen Beschluss mehr treffen und diese Bewegungsunfähigkeit endet meist katastrophal für die GmbH.

Wir würden nur im Notfall zu einer Sperrminorität raten. Z.B. wenn die Gesellschafter ohnehin auf Gedeih und Verderb auf eine Kooperation angewiesen sind und das Geschäftsmodell ohnehin scheitert, wenn es zum Streit kommen sollte. Das kann bei kleinen Dienstleistern der Fall sein, die sich zusammengeschlossen haben. Oder aber bei zwei Gründern, die z.B. einen dritten Investor als Gesellschafter mit ins Boot geholt haben und so jeweils knapp unter 50% haben.

#2 Alternative Stimmbindung?

Was ist dann die Alternative zur brachialen Sperrminorität, um der Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer zu entgehen? Wenn nun die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung für die Rentenversicherung entscheidet, kann dann ein Stimmbindungsvertrag über eine fehlende Mehrheit verhelfen?

Die kurze Antwort lautet: nein, aber.

Das hat das BSG hat in mehreren Urteilen klar gestellt: Stimmbindungsvereinbarungen ändern nichts an der Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer. Der Geschäftsführer bleibt im Zweifel sozialversicherungspflichtig. Denn solche Vereinbarungen wirken nur schuldrechtlich. Die Beteiligten können sie damit jederzeit kündigen. Eine unkündbare Übertragung des Stimmrechts verstößt gegen das Abspaltungsverbot der Stimmrechte. Damit ist sie unwirksam.

Was wenn die Gesellschafter eine lange (in dieser Zeit unkündbare) Frist von z.B. 10 Jahren vereinbaren und jeden Verstoß mit einer drakonischen Vertragsstrafe ahnden? Eine Entscheidung dazu steht noch aus. Man könnte auch der Gesellschaft im Fall des Verstoßes gegen die Stimmbindung erlauben, den Geschäftsführer zu entlassen. Damit wäre indirekt die Stimmbindung mit dem Dienstvertrag verbunden.

Stimmbindung umdrehen – Die DRV mit den eigenen Waffen schlagen

Allerdings kann man die Argumentation der Rentenversicherung auch gegen sie verwenden. Nämlich wenn man das ganze Konstrukt umdreht. Eine Sperrminorität alleine ist schlecht. Aber man kann ihre Nachteile umgehen, wenn man nun zusätzlich eine Stimmbindungsvereinbarung nach den obigen Grundsätzen abschließt. Nach so einer Vereinbarung zwingen sich die Gesellschafter, einem Beschluss zuzustimmen, wenn die Mehrheit es tut. Das beseitigt jede Blockadestellung. Und wenn die DRV konsequent ist, darf sie die Stimmbindungsvereinbarung nicht beachten, da sie ja „nur schuldrechtlich“ wirke. Sie muss dann die Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer gegenüber ablehnen!

#3 Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer? Anteile verschieben

Die kombinierte Sperrminorität mit Stimmbindung ist recht subtil. Ein wenig grober wäre die Lösung, die Anteile in der GmbH zu verschieben. D.h. einer verkauft dem Gesellschafter-Geschäftsführer Anteile, damit dieser über 50% hält und selbständig ist. Er unterliegt dann keiner Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer der GmbH. Natürlich gilt hier das zur Sperrminorität Gesagte: Dann hat der Mehrheitgesellschafter vollkommene Freiheit und kann jede Entscheidung herbeiführen. Die übrigen Gesellschafter sind dann von seinem Willen abhängig.

Achtung Steuern!

Bei Anteilsverschiebungen drohen Steuern anzufallen! Wer die Anteile zu einem Kaufpreis unter dem Verkehrswert veräußert, schenkt dem Mitgesellschafter quasi einen Teil. Bei Schenkungen hält der Staat immer die  Hand au. Er erhebt entweder Schenkungssteuer oder über „verdeckte Gewinnausschüttung“ Einkommenssteuer. Daher sind auch zwischen Gesellschaftern Anteile nur zum Verkehrswert zu übertragen.

Achtung auch bei Veräußerungen von mehr als 25% der Anteile in den letzten 5 Jahren! Dann drohen die Verlustvorträge aus den letzten Jahren nach § 8c KStG unterzugehen. So schneidet man sich unter Umständen massiv ins eigene Fleisch. Man verliert steuerlich mehr als man mit der Selbständigkeit gewonnen hätte. Zu beachten ist aber die Ausnahme nach § 8d KStG: Die Verlustvorträge bleiben danach erhalten, wenn auch das Unternehmen sich im Wesentlichen nicht verändert hat. Mit dieser neuen Norm wollte der Gesetzgeber die unbeabsichtigt weite Wirkung von § 8c KStG eindämmen.

#4 Der Königsweg: Vetorecht gegen Weisungen

Gegen eine Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer hilft auch das Vetorecht gegen Weisungen. Dies ist mein Favorit unter den vorgestellten Lösungen. Dabei gibt man dem Gesellschafter-Geschäftsführer keine umfangreiche Sperrminorität. Sondern man gibt ihm nur ein Veto gegen jegliche Weisungen der Gesellschafterversammlung. Das kann man entweder so explizit in die Satzung reinschreiben. Oder aber man legt für derartige Weisungsbeschlüsse eine Mehrheit fest, so dass der Geschäftsführer die Beschlüsse mit seinen Stimmen verhindern kann. Damit entfällt auch hier das Hauptargument gegen die Selbständigkeit des Geschäftsführers, die „Rechtsmacht“. Gleichzeitig bleibt die Gesellschaft – anders als bei der „echten“ Sperrminorität – in allen übrigen Fragen handlungsfähig.

Natürlich darf dem Gesellschaft das Vetorecht nicht gegen seine Stimme genommen werden. Das wäre aber so, wenn die anderen Gesellschafter einfach wieder die Satzung ändern könnten. Wegen des Standardmehrheitserfordernisses von 75% erfordert diese Gefahr eine Sonderregelung, wenn der Geschäftsführer unter 25% der Stimmen hält. Flankieren sollte man die Satzungsänderungen mit den Regelungen im Dienstvertrag des Geschäftsführers. Er sollte viele Elemente der Selbständigkeit und möglichst wenige arbeitnehmertypische Klauseln enthalten.

Besonders reizvoll an dieser Veto-Lösung ist, dass sie sich auch auf sonstige mitarbeitende Gesellschafter abwandeln lässt.

#5 Variante: Gesellschafter ist gar nicht Geschäftsführer

Wer nicht repräsentativ für die GmbH tätig werden muss und die Falle der Sozialversicherungspflicht Geschäftsführer vermeiden will, kann auch in anderer Funktion für die GmbH tätig werden. Er ist dann außerhalb der Satzung in einem schuldrechtlichen Vertrag zur Erbringung von Diensten oder Werken für die Gesellschaft verpflichtet und erhält dafür eine Vergütung. Die Rentenversicherung spricht dann vom „mitarbeitenden Gesellschafter“.

Doch diese mitarbeitenden Gesellschafter unterliegen eventuell nicht nur den Weisungen der Gesellschafterversammlung, sondern auch denen der Geschäftsführung. Denn wenn sie in die Organisation der GmbH integriert sind, hat die GmbH als Arbeitgeberin ein Weisungsrecht. Dies übt dann für die GmbH der Geschäftsführer aus. Und gerade zur Konkretisierung der vertraglichen Aufgaben sind solche Weisungen oft wesentlich.

Aber auch als mitarbeitender Gesellschafter gibt es Wege, der Sozialversicherungspflicht zu entgehen:

#5.1 Vetorecht für mitarbeitende Gesellschafter

In Abwandlung des Vetorechts der Geschäftsführer klappt auch für mitarbeitende Gesellschafter. In der Satzung der GmbH ist dann dem Geschäftsführer jede Weisungsbefugnis gegenüber anderen mitarbeitenden Gesellschaftern entzogen. Dafür bedarf er eines Gesellschafterbeschlusses. Die Gesellschafterversammlung wiederum muss eine qualifizierte Mehrheit haben, was dem Gesellschafter ein Vetorecht einräumt.

Auch hier ist höchste Aufmerksamkeit auf den Vertrag des Gesellschafters mit der GmbH zu legen. Danach sollten die Merkmale überwiegen, wonach der Gesellschafter selbständig ist. Schließlich sollte er nicht tatsächlich in die Arbeitsorganisation der GmbH eingebettet sein. Statt dessen sollte er ihr wie jeder dritte Freelancer gegenüberstehen.

#5.2 UG-Gründung: Gesellschafter ist nicht einmal Vertragspartner

Noch radikaler ist der Rückzug in eine eigens gegründete Gesellschaft, z.B. eine Ein-Mann-UG. Denn dann ist nicht der Gesellschafter selbst Vertragspartner und potenziell sozialversicherungspflichtig, sondern seine UG. Als deren Alleingesellschafter ist er wiederum in jedem Fall selbständig. Da Geschäftsführer stets natürliche Personen sein müssen, steht diese Lösung nur den (anderen) mitarbeitenden Gesellschaftern offen.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Der Gesetzgeber hat die Gefahr einer Umgehung der Sozialversicherungspflicht erkannt und in § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI eine Ausnahme geschaffen. Danach sind ausnahmsweise auch Selbständige sozialversicherungspflichtig. Nämlich wenn sie oder ihre Gesellschaft (die UG) im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig werden. Das ist in der Regel ab 80% er Einkünfte von diesem einen Auftraggeber so. Das kann der Gesellschafter abwenden, wenn er für mehrere Auftraggeber tätig wird oder mindestens einen Angestellten sozialversicherungspflichtig (d.h. über 450 €) beschäftigt.

Eine besonders gerissene Lösung wäre, wenn die UG den Auftrag der Hauptgesellschaft nun nicht selbst erfüllt. Statt dessen beauftragt sie wiederum den Gesellschafter als Subunternehmer. Dieser muss aber natürlich wieder mehrere Auftraggeber oder einen eigenen Angestellten haben.

Eine ähnliche Konstellation lag der Entscheidung des BAG zu Grunde. Darin hat die UG ihren Geschäftsführer an eine andere Gesellschaft verliehen. Das BAG entschied: Diese „Arbeitnehmerüberlassung“ eines Geschäftsführers ist nicht sozialversicherungspflichtig, wenn zumindest die übrigen Voraussetzungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes AÜG erfüllt sind.

 

Für weitere Informationen lesen Sie auch diesen Artikel zur Geschäftsführer Sozialversicherungspflicht.

 


Fragen?

Dann schreiben Sie uns an hi@streifflaw.de oder rufen Sie an unter 030 8597 6915

 

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